Mehr als 20 Sterne über Antwerpen: EUROPAs Beste 2015 – Thorsten Gillert
EUROPAs BESTE heißt das Gourmet-Event, zu dem Hapag-Lloyd Kreuzfahrten im Juni lädt. Zehn Köche mit zusammen mehr als 20 Michelin-Sternen und 20 Genuss-Handwerker – exklusive Kaviar- und Fleisch-Händler, Eiscreme- und Gin-Manufakturen, sowie einige der besten Winzer – machen das Kreuzfahrtschiff zur wertvollsten Genießer-Meile Europas. Der PASSAGEN BLOG wird die Reise und das Event begleiten. Für den Auftakt treffen wir den Küchenchef der MS EUROPA, Thorsten Gillert – wie bereitet er sich auf EUROPAs Beste vor?
„Jetzt, Achtung“, sagt Thorsten Gillert und lüftet den Deckel des Weckglases, das er in Händen hält. Rauch entweicht. Und verströmt sofort jenen vertrauten Rauchfang-Duft. „Das sieht nicht nur zauberhaft aus, die Austern werden das Aroma annehmen.“ Gillert steht die Begeisterung über das erfolgreiche Experiment im Gesicht geschrieben. Er hat lange getüftelt, bis er schließlich die richtige Konstellation aus optischem und gustatorischem Effekt gefunden hatte. Und spätestens jetzt, da man ahnt, mit welcher Akribie er diese Suche betrieben haben muss, weiß man, dass man es mit einem Koch zu tun hat, den die Leidenschaft treibt. Und das ist keine Selbstverständlichkeit in diesem Beruf.
Thorsten Gillert ist der Küchenchef der EUROPA. Über Köche auf Kreuzfahrtschiffen gibt es viele Klischees, eines davon lautet, sie hätten keinen Ehrgeiz mehr. Doch damit wird man dem Chef der EUROPA wahrlich nicht gerecht. Wir treffen ihn in der Küche seines Schiffs. Es ist kurz vor Ende der Mittagszeit, ein Call nach dem anderen kommt rein, und die Teams der einzelnen Abteilungen geben Teller um Teller raus. Dennoch nimmt sich Gillert Zeit, führt uns an einen großen Bräter, in dem Rippenstücke vom Wagyu-Beef angebraten werden. Dann wird ein Fonds angegossen, und das Fleisch beginnt zu schmoren. Den richtigen Gar-Zeitpunkt zu finden, ist nicht einfach, gegenläufige Fleischfasern treffen hier aufeinander. Wie lange braucht es, bis das Fleisch buttrig zart ist? Gillert: „Etwa drei Tage.“
Mit so einem Einsatz kocht keiner, dem der Ehrgeiz fehlt. Im Gegenteil. Wenn in wenigen Tagen die Großveranstaltung EUROPAs Beste an Bord der EUROPA startet, die man durchaus eine Küchenparty der Extraklasse nennen kann, denn zehn Spitzenköche mit zusammen mehr als 20 Michelin-Sternen werden daran teil nehmen (rechnete man die Sterne der beiden Köche mit, die nicht mehr in den Restaurants arbeiten, mit denen sie ausgezeichnet wurden, käme man sogar auf 26 Michelin-Sterne), dann will Thorsten Gillert nicht bloß der Gastgeber sein. „Ich könnte es mir doch leicht machen und nur die geladenen Köche begrüßen. Aber dafür bin ich nicht der richtige Typ. Ich sehe so eine Veranstaltung auch als battle. Mein Team und ich wollen zeigen, was wir drauf haben.“
Man hat nur selten das Glück, in der Küche eines Kreuzfahrtschiffes zu stehen. Mit einer Rolltreppe geht es hinab, es gibt vier davon, zwei auf der Backbord-, zwei auf der Steuerbord-Seite, jeweils eine für die Ab-, eine für die Auffahrt. Große Schilder mahnen, nur zu stehen, nicht zu laufen. Zeitgewinn ist nicht alles. Und schließlich steht man in der Alchemisten-Küche des guten Geschmacks mit den verschiedenen Stationen, kalte Gerichte, Patisserie, Fisch, Fleisch. Eine überwältigende Vielfalt an Aromen. Frische Kräuter, Vanille, Backfisch, Fleischfonds. Und die kaum zu bändigende Lust, in alles den Zeigefinger zu stecken, um zu probieren.
Mittendrin in all dieser Betriebsamkeit, die auf den Laien chaotisch wirkt, aber eine eigene, ganz klare Logik hat, gibt es ein winziges Kabuff mühsam erkämpfter Ordnung – das Büro von Thorsten Gillert. Wir unterhalten uns über die Herausforderungen in der Küche eines Kreuzfahrtschiffs, die vor allem darin bestehe, gutes Personal zu finden. Dass die Fluktuation enorm hoch sei, und dass ohne die Philippiner, die teils seit Jahren auf dem Schiff arbeiten, es gar nicht gehen würde. „Ich schätze die Zusammenarbeit sehr.“ Doch nicht immer ist es im Trubel leicht mit der Verständigung, deshalb hat sich Gillert ein Stempelsystem einfallen lassen, um klar zu machen, an welche Ausgabestation welches Gericht gehört. Sie sehen witzig aus, spielerisch, und vermitteln den Eindruck, dass man hier auch mal Spaß haben kann trotz all der harten Arbeit.
Welchen Stempel würde er unter sein EUROPAs Beste-Gericht setzen? „Haha“, Thorsten Gillert lacht sein heiseres Lachen, Folge einer Stimmband-Verletzung. „Gute Frage. Mehrere.“ Denn auch wenn das Essen eine ganz einfache Bezeichnung trägt: „Rind kalt/warm, Brandade, Tomate, Aubergine, Trüffel“, ist die vor allem gelebtes Understatement. Das zeigen schon die tatsächlich verarbeiteten Zutaten: Fleisch vom Wagyu-Rind, Beef-Tartare, Stockfisch-Gelee, Gemüse, all das serviert auf einem Jus wie Lack und neben einem Einmachglas mit einer Auster drin, aus dem der Räucherduft entweicht, wenn man das Deckelchen hebt. Gibt es einen Gastkoch, der mehr Aufwand betreibt als er? Wieder lacht Gillert, jetzt aber eher mit einer gewissen Bestimmtheit. „Nein. Wir wollen zeigen, was wir drauf haben. Es wird ein großer Tag!“
Die Rolltreppe bringt uns wieder nach oben. Wir gehen hinauf aufs Lido-Deck der EUROPA. Hier werden in den nächsten Tagen die Kochstationen aufgebaut. Thorsten Gillert hatte uns den Stellplan gezeigt. Akribisch genau muss alles vorbereitet werden für das große Event, für das Gillert nun erst zum zweiten Mal der Gastgeber sein wird. Er will es gestalten. Mehr als 90 Tonnen Ware und Technik kommen in zwei Tagen in Amsterdam an Bord. Es wird ein großes kulinarisches Fest. Und wir freuen uns auf „Rind kalt/warm“.
Fotos: Susanne Baade • Text: Dirk Lehmann
Die Teilnehmer 2015
Köche
- Stéphane Buyens, Restaurant Le Fox, 2 Michelin Sterne
- Kevin Fehling, La Belle Epoque, 3 Michelin Sterne, 2 Gault-Millau-Hauben
- Thorsten Gillert, Küchenchef EUROPA, MS EUROPA
- Karlheinz Hauser, Restaurant Seven Seas, 2 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
- Christian Jürgens, Restaurant Überfahrt, 3 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
- Dieter Müller, Restaurant Dieter Müller, “3-Sternekochlegende”
- Heiko Nieder, The Dolder Grand, 2 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
- Alexandro Pape, Fährhaus, 2 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
- Jörg Sackmann, Restaurant Schlossberg, 2 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
- Anna Sgroi, Restaurant Anna Sgroi, 1 Michelin Stern, 2 Gault-Millau-Hauben
- Simon Taxacher, Rosengarten, 2 Michelin Sterne, 4 Gault-Millau-Hauben
- Gerhard Wieser, Restaurant Trenkerstube, 2 Michelin Sterne, 3 Gault-Millau-Hauben
Winzer
- Weingut Altenburger
- Weingut Robert Weil
- Schlossgut Barilla di Giacomo Bologna
- Weingut Emrich-Schönleber
- Weingut Dr. Loosen
- Weingut Gut Hermannsberg
- Weingut Knipser
- Weingut F.X. Pichler
- Weingut Wittmann
Weitere Teilnehmer
- Victoria Bar Berlin
- Altonaer Kaviar Import Haus
- Käfer München
- Otto Gourmet
- Giovanni
- Piekfeine Brände
- Braufactum
- Fromagerie Antony
- Becking Kaffee
- Monkey 47
- Moët Hennessy
- Bos Food
- Del Rey Schokoladen
EUROPAs Beste im PASSAGEN BLOG
Hier finden Sie weitere Berichte über die teilnehmenden Köche bei EUROPAs Beste 2015. Im nächsten Jahr wird das große Gourmet-Event nicht nur zu einem anderen Zeitpunkt gefeiert, nämlich im Spätsommer, sondern auch an einem anderen Ort: vor Palma de Mallorca. Hier finden Sie weitere Informationen zur Genießerreise mit der EUROPA und EUROPAs Beste 2016.