Expedition im Pazifik: mit MS BREMEN zu den Marshallinseln

Expedition im Pazifik: mit MS BREMEN zu den Marshallinseln. Als Experte ist der Reporter Maik Brandenburg an Bord. Er kennt die Inselgruppe von einem längeren Recherche-Aufenthalt und beschreibt im Interview mit dem PASSAGEN BLOG, was an dieser entlegenen Welt so fasziniert

Datum: 23.09.2015
Tags: #expeditionen #msbremen #marshallinseln

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PASSAGEN BLOG: Die Marshallinseln sind ein Atoll in der Südsee. Den Namen haben manche wohl schon gehört. Doch wo genau liegen diese Inseln?

Maik Brandenburg: Majuro ist die Hauptinsel der Marshallinseln, vielleicht 4700 Kilometer südöstlich von Japan und rund 3800 Kilometer südwestlich von Hawaii. Hier angekommen, ist man im Paradies. Zum Beispiel auf der Insel Jaluit: Palmen, blauer Himmel, das Wasser klar, sanft und noch viel blauer. Wer morgens aufwacht, hat diesen unfassbaren Blick auf die türkisfarbene Lagune, Fischer ziehen Netze durchs Wasser, Auslegerkanus dümpeln am Ufer, die Mikronesier baden und schwimmen. Alles ganz entspannt. Da rennt keiner, da hetzt niemand, und Jogger habe ich auch keine gesehen. Selbst die Zeit schlurft.

Die Marshallinseln haben eine bewegte Vergangenheit. Sie wurden 1886 vom Deutschen Reich besetzt, während des 1. Weltkriegs von Japan erobert, von den USA „befreit“, und ein entlegener Teil diente bis 1958 als Versuchsfeld für Militärmanöver. Inzwischen versuchen sich einige der 29 Atolle als Reiseziele. Was hat Sie an den Marshallinseln gereizt?

Früher habe ich den Seeleuten im Hafen von Sassnitz zugehört, wenn sie von der Südsee schwärmten. Ich bin auf Rügen groß geworden, noch zu DDR-Zeiten. Mir wäre damals nie in den Sinn gekommen, auch nur davon zu träumen, in die Südsee zu reisen. Das war für mich so utopisch wie über Mondmeere zu segeln…

…viele Jahre später erhielten Sie den Auftrag, eine Reportage über die Marshallinseln zu schreiben…

…da habe ich nicht lange überlegt. Es ranken sich so viele Mythen um die Marshallinseln, nicht nur vordergründig, über schöne Frauen und ihre Künste, sondern auch um die Hai-Rufer und ihre Zauberkräfte: Der Hai-Rufer lockt die Tiere mit rasselnden, aneinanderschlagenden Kokosnussschalen oder mit dem langgezogenen Ton eines Schneckenhorns an. Der von dem Ritual betörte Haifisch schwimmt um den Rufer herum, ohne ihn anzugreifen. Die Legende besagt, dass der Hai sich nur fangen lässt, wenn der Rufer ein guter Mann ist. Wenn nicht, schwimmt er davon.

Außerdem wollte ich dem Gerücht nachgehen, dass die Mikronesier im Wasser stehend mit den Hoden die Strömung peilen, bevor sie mit ihren Booten rausfahren. Da angekommen habe ich mit knallrotem Kopf ein paar ältere Fischer gefragt – nichts. Muss eine andere Ecke der Südsee sein, in der diese Navigationsmethode praktiziert wird.


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Welche der mehr als 1200 weit verstreuten Marshallinseln haben Sie besucht und wie lange waren Sie unterwegs?

Ich war rund drei Wochen dort. Die Hauptinsel Majuro ist an die 50 Kilometer lang, an der breitsten Stelle einen halben Kilometer breit. Im Zentrum von Majuro steht der Regierungspalast, dazu die Post, ein paar Supermärkte, Hotels. Dazwischen kleine Häuser, bunte Zäune, auf denen Kraken trocknen. Dann war ich auf der Liebesinsel Arno, wo junge Frauen von erfahrenen Mikronesierinnen in Liebestechniken unterwiesen werden. Eine Insel ohne Strom und Telefon, eine Handvoll Palmen, Gummibäume und Nonifrüchte – weiter weg kann man kaum sein. Zudem habe ich mir Jaluit angeschaut. Das Jaluit-Atoll war von 1885 bis 1914 deutsches „Schutzgebiet“, also Kolonie. Die Hamburger Jaluit-Gesellschaft betrieb von hier den Handel mit Kopra, dem getrockneten Kokosfleisch, und ließ nach Perlen fischen.

Erzählen Sie uns von einer Szene, die Ihnen besonders eindrücklich geblieben ist.

Eine Etappe der Radtour auf Jaluit: Hinter dem Flugplatz ein paar Hütten, Kochfeuer davor und ein Denkmal, das an den Angriff der amerikanischen Bomber auf die japanisch besetzte Insel im Februar 1942 erinnert. Am Denkmal stellt sich eine Frau neben mich, hängt mir eine Kette aus braunen Bällchen um.  Auf meinen fragenden Blick erklärt sie, die Kugeln seien aus Kokosfett, Palmzucker und Reis. Während der japanischen Besetzung sei ihnen das Essen weggenommen worden, nicht aber das Spielzeug. Ihre Eltern bastelten diese Ketten und hängten sie den Kindern um. So haben sie überlebt.


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Reporter haben nicht immer die Gelegenheit, noch einmal zurückzukehren an den Ort, über den sie geschrieben haben. Worauf freuen Sie sich?

Ich war tatsächlich noch nie Schwimmen dort, das werde ich diesmal nachholen. Außerdem freue ich mich, die Menschen wiederzusehen, die ich auf den Marshallinseln getroffen habe, wie zum Beispiel Jack Niedenthal, den Nordamerikaner, der sich seit mehr als 25 Jahren um die Belange der Bikinianer kümmert. Er ist ihr Trust Liaison Manager; in ihrem Auftrag verwaltet er auf Majuro die von den Amerikanern gezahlten Entschädigungen in Millionenhöhe. Und am Ende schaffe ich es diesmal, einen Hai-Rufer zu treffen und nicht nur die kleinen Jungs im Hafen von Jabwor auf Jaluit, die beim Hai-Angeln noch nie etwas gefangen haben.

Was erzählen Sie den Gästen an Bord, wenn Sie mit der MS BREMEN Kurs auf die Marshallinseln nehmen?

Ich fahre als Experte mit, das heißt, ich gebe den Passagieren einen Einblick in meine Recherchen über die Geschichte der Marshallinseln und das Leben dort. Ich habe eine mehr als einhundert Jahre alte Karte von Jaluit, da sind viele Orte auf Deutsch eingezeichnet. Die Deutschen haben dort ein Bier gebraut, das Inselgebräu hieß Domnik. Die Enkelin des Bierbrauers lebt heute in Schwerin. Alte Flaschen oder Scherben habe ich noch keine gefunden. Aber vielleicht gelingt uns das auf dieser Reise. Und eventuell finden wir auch heraus, was sich hinter der rätselhaften „Zeitkanone“ verbirgt, die auf der Karte eingezeichnet ist.


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Interview: Lisa Schönemann; Fotos: Archiv (Hinweis: Leider gibt es kaum Bildmaterial von den Marshallinseln, die Fotos zeigen zum Teil benachbarte Pazifik-Atolle.)


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Reporter Maik Brandenburg arbeitet als freier Autor für Mare, Geo, Merian. Der leidenschaftliche Vater und Reportage-Fan lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

Hier finden Sie weitere Informationen über die Expedition Marshallinseln und Karolinen mit MS BREMEN und diese Übersichts-Seite enthält weitere Reise-Angebote mit den Expeditionsschiffen im Pazifik und in der Südsee.

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