Ein besseres Bild der Erde: Fotoschule mit Lutz Jäkel – das Auge
Wir alle fotografieren auf Reisen. Doch was unterscheidet die Arbeit eines Profis von unserer? Lutz Jäkel ist spezialisiert auf Food- und Reise-Fotografie und eine anerkannte Größe in der Branche. Im PASSAGEN BLOG zeigt er, was aus seiner Sicht ein gutes Bild ist, und wie er es gemacht hat. Thema diesmal – "das Auge"
Manchmal zählt doch der Moment: ein Werftarbeiter während des Baus der EUROPA 2
Wir wissen, was eine Blaue Stunde ist. Wir wissen auch, dass eine Kamera nur so gut ist wie ihr Objektiv. Aber es gibt natürlich noch viel mehr Aspekte, die ein Motiv erst zu einem guten Foto machen. Worauf kommt es also noch an? Was man im weitesten Sinne das Auge nennt, setzt sich zusammen aus vier Aspekten:
1. Kamerabedienung. Kennen Sie das? Man kauft voller Freude eine neue Kamera und bekommt sofort schlechte Laune, sobald man eine viele hundert Seiten dicke Bedienungsanleitung vor sich liegen hat? Ja, ich kenne das auch. Das Positive vorweg: Man muss nicht alles lesen, vieles erklärt sich auch intuitiv. Wir sind alle keine Anfänger, daher kennen wir viele Bedienungselemente von anderen Kameras oder Vorgängermodellen. Aber natürlich gibt es auch Neues. Und das will gelernt werden. Denn was nützt es, eine aufregende, womöglich sündteure Kamera zu haben, wenn das Programmrädchen immer nur auf „P“ – also Automatik – steht und man die vielen nützlichen Möglichkeiten nicht ausschöpft? Wer nur knipsen will, dem genügt eine einfache Kamera. Wer richtig fotografieren will, muss die Kamera verstehen. Und auch wenn nicht die Kamera die guten Fotos macht, sondern der Fotograf, muss man die wichtigsten Einstellungen der Kamera beherrschen.
2. Beobachtung. Einfach nur draufhalten, sobald etwas Interessantes vor die Linse kommt? Kann man machen. Manchmal entstehen dabei sogar gute Fotos. Aber dann ist es entweder Zufall oder langjährige Erfahrung. Wir wollen nicht zufällig gute Fotos machen, sondern wissen, was wir tun. Dann kommt auch irgendwann die Erfahrung. Wenn Sie also etwas Interessantes, Schönes, Spannendes sehen, halten Sie kurz inne. Beobachten Sie Ihr Motiv, die Umgebung, das Licht. Wie verändert es sich? Was ist wirklich wichtig für die Bildaussage? Erst dann sollte es Klick machen. Zugegeben: Ist es ein sich schnell bewegendes Motiv (Auto, Tier, Mensch…), sollten Sie nicht zu lange überlegen, sonst ist es weg.
3. Komposition. Haben wir verstanden, wie unsere Kamera funktioniert und Klarheit über das Motiv, lautet die Frage: Wie komponiere ich das Foto? Es ist von Vorteil, „ein gutes Auge“ zu haben, also intuitiv zu wissen, was die Komposition in einem Foto bewirken kann. Das ist eine gute Voraussetzung, um ein guter Fotograf zu werden. Man kann es aber auch lernen. Wie man mit Linien im Foto gezielt den Blick des Betrachters lenken und damit bestimmte Reaktionen hervorrufen kann. Dazu in einem späteren Teil der Fotoschule mehr.
4. Gemütslage. Natürlich ist es auch entscheidend, wie ich mich fühle. Wenn ich mit dem falschen Fuß aufstehe, schlechte Laune habe oder schlicht keine Lust aufs Fotografieren, entstehen in aller Regel auch keine guten Fotos. Dann machen Sie einfach mal Pause. Auch das kann inspirierend sein. Für das Auge.
Lutz Jäkel ist Foto- und Videojournalist, Buchautor, Islamwissenschaftler und Historiker, er hat in Hamburg, Damaskus (Syrien) und Sanaa (Jemen) studiert. Als Kind aufgewachsen in Istanbul, bereist und fotografiert er seit vielen Jahren die Welt und schreibt darüber, seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet. Seine Fotos und Reportagen erscheinen in Büchern und verschiedenen Medien, u.a. in Stern, Spiegel, Spiegel-Online, Abenteuer und Reisen, Merian, Süddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Mehr: www.lutz-jaekel.com