Brush Up für die schönste Yacht: Werft-Halbzeit MS EUROPA
Brush Up für die schönste Yacht: Werfthalbzeit MS EUROPA. Der PASSAGEN BLOG besucht das in Dock 11 liegende Luxusschiff – und es verblüfft das Ausmaß der Arbeiten. Kaum vorstellbar, dass die EUROPA bereits in ein paar Tagen auf Reise gehen wird...
Werft-Halbzeit MS EUROPA. „Es ist immer wieder verblüffend, das zu sehen“, sagt Stefan Femerling, er steht im Schwimmdock 11 von Blohm + Voss. Zu seinen Füßen windet sich über mehr als 150 Meter die frisch lackierte Ankerkette der MS EUROPA, hinter seinem Rücken erhebt sich haushoch das Schiff in den blassen Herbsthimmel über Hamburg. Bis zur Wasserlinie ist der Rumpf fleckig, hinter der Birne lehnt ein Gerüst. Da wo eigentlich die Bugstrahlruder montiert sind, die die Manöverierfähigkeit der „schönsten Yacht“ erhöhen, klaffen Löcher. Femerling, der in seinen mehr als zehn Jahren als Logistik-Experte für die EUROPA nun wahrlich schon so manche Werftzeit erlebt hat, sagt jetzt: „Man kann sich nicht vorstellen, dass das Schiff in wenigen Tagen die nächste Reise antritt.“ Er schüttelt den Kopf und murmelt: „Wirklich unvorstellbar.“
Femerling, der für das Catering des Luxusschiffes zuständig ist, und der im Mai immer schon weiß, wo im Dezember der Weihnachtsbaum an Bord kommt, hat jetzt eine Besprechung mit Küchenchef Torsten Gillert über die nächste Lebensmittel-Lieferung. Kurz bevor die Werftzeit endet, kommen Fleisch und Mehl, Gemüse, Obst und Getränke für die folgenden Reisen an Bord. Dann wird das Gewusel, das für jeden Besucher schon jetzt schier überwältigende Dimensionen hat, noch ein wenig undurchschaubarer sein.
Beim Versuch, sich vom Umfang der Arbeiten ein Bild zu machen, kommt man schnell an Grenzen. Schon beim Betreten des Docks begegnet man Werftarbeitern, die auf einem der Azipod-Antriebe stehen. Die Schrauben, die das Schiff voran ziehen, sind in um 360 Grad drehbaren Kanzeln unter dem Heck montiert. Nach einer bestimmten Laufzeit müssen die Dichtungen geprüft werden. Dafür hat man Teile der „Pods“ demontiert, einer liegt auf dem Boden des Docks, wie beiläufig abgelegt, dabei hängt eigentlich ein 4,5 Meter durchmessender Propeller dran. Und so zeigt sich, Meter um Meter, den man den auf Pallen ruhenden Rumpf abschreitet, das Schiff als Baustelle, die sämtliche Dimensionen sprengt: Auch die Stabilisatoren, jeder immerhin elf Quadratmeter messend, sind ausgebaut. An mehreren Stellen ragen Gerüste auf, hoch genug um die Arbeiten an der Regenrinne eines dreigeschossigen Hauses zu ermöglichen. Werftarbeiter schleifen und flexen, Wasser sprudelt, Funken sprühen. Über Behelfstreppen geht es hinauf bis auf Deck 3 und über die Gangway an Bord.
Im Schiff scheint das Gewusel noch unüberschaubarer. Vielfach liegen die Böden nackt da, so manche Wand präsentiert sich schmucklos. Aus den Decken baumeln Kabel, Maschinen rattern, Radios plärren, Handwerker pfeifen und arbeiten im Takt. Auf Deck 4, wo einst die „Clipper-Lounge“ war, und man jetzt an einigen Stellen in das Innere der EUROPA blicken kann, treffen wir Innenarchitekt Jochen Hagen, den Mann hinter dem Brush Up. Er sieht ein wenig müde aus, ist aber doch bester Dinge. „Läuft“, sagt er in seiner manchmal knappen Art, „bisher keine größeren Probleme.“ Was sind denn kleinere Probleme? Er lächelt milde. Wenn man eine Wand in Blaugrau gestrichen hat, dann aber erkennt, dass es dadurch zu mächtig wirkt, und man die Wand wieder weiß malen lässt. Das Schiff wird rechtzeitig fertig? „So wie es im Moment aussieht, ja.“
Im EUROPA-Restaurant wird in Zonen gearbeitet: Während auf der Backbordseite noch die Säulen gestrichen werden, bessert man an Steuerbord noch ein Fenster aus, während man im Eingang schon das neue Parkett verlegt, werden an der Decke noch die Glasfasern für den aufwändig floralen Kronleuchter gezogen. Auf Deck 5 und 6 hat man schon die Bäder erneuert. Auf Deck 8 steckt ein halbes Dutzend Techniker in der Decke der „Sansibar“, Teppichrollen türmen sich auf dem Lido-Deck, und mit einer Art Festzelt hat man den Pool abgedeckt – darunter wird das Teakdeck neu gelegt. Teak ist während des Verlegens sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit.
Kapitän Mark Behrend steht im weißen Overall auf der Brücke. Auch die ist von den Arbeiten nicht ausgenommen. Zwei Dutzend Sprinklerköpfe der Feuerlösch-Anlage liegen auf einem der Steuerstände, in einer Ecke haben sich Rettungswesten versammelt, und drei Offiziere brüten am PC-Monitor über Abläufe. Kapitän Behrend strahlt dennoch größte Ruhe aus. Er sagt, dass er nie gedacht hätte, wie laut die Holz-Arbeiten sein können, das wäre ein enormer Lärm gewesen als auf dem Belvedere-Deck unterhalb der Brücke das Holz aufgenommen wurde. Doch der Kapitän liebt das natürliche Material. „Teakholz ist sehr teuer. Auch deshalb wird auf den meisten Schiffen nurmehr ein Imitat verwendet. Hapag-Lloyd Kreuzfahrten leistet sich und seinen Gästen einen besonderen Luxus.“