Lieblingsplätze. Das große Interview. Silvia Furtwängler

Datum: 30.10.2016
Tags: #europa2 #lieblingsplätze #kreuzfahrt #silviafurtwängler #luxuskreuzfahrt

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Lieblingsplätze. Das große Interview. Silvia Furtwängler. Für das E2MAG laden wir Entscheider und Persönlichkeiten ein auf ein intensives Gespräch. Aufgewachsen in Köln, kam Silvia Furtwängler vor 30 Jahren zum Hundeschlittensport – und seither davon nicht mehr los.

2001 nahm sie am Yukon Quest teil, dem schwersten Hundeschlittenrennen der Welt, 1.000 Meilen (1.600 Kilometer) durch die Eishölle Alaskas. Inzwischen lebt die Frau mit der schwarzen Lockenmähne auf der norwegischen Hardangiervidda, dem größten Hochplateau Europas. Es ist berüchtigt für sein extremes Klima.

Ihr Lieblingsplatz: Varmevoll, ein Flecken in Norwegen mit ein paar wenigen Häusern am Møsvatn, einem See, der spätestens im November komplett zufriert…

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Grönland. Die EUROPA 2 liegt in der Disko-Bucht, umgeben von riesigen Eisbergen. Mitten im Sommer herrschen hier Temperaturen um den Gefrierpunkt. Silvia Furtwängler fühlt sich wohl. Kürzlich hat sie den ersten Vortrag gehalten über ihre Abenteuer in Eis und Schnee. Das Theater war bis auf den letzten Platz gefüllt, die Gäste haben langanhaltend applaudiert. Jetzt sitzt sie im Belvedere auf Deck 9 und wartet ein wenig ungeduldig auf die erste Frage. Silvia Furtwängler ist ein sehr dynamischer Mensch…

E2MAG: Lieblingsplätze heißt diese Gesprächsreihe. Welcher ist Ihr Lieblingsplatz?

Silvia Furtwängler: Mein Lieblingsplatz ist mein Zuhause in Varmevoll. Denn ich bin viel unterwegs, rund sechs Monate im Jahr, und freue mich immer auf Zuhause.

Jetzt auch?

Sogar ganz besonders. Ich vermisse meine Hunde. Wir erwarten Welpen, und ich möchte sie unbedingt sehen.

Welcher ist Ihr Lieblingsplatz an Bord?

Die Poolbar, morgens um 6 Uhr. Da kriege ich einen Kaffee. Nur ein paar Matrosen arbeiten auf den Decks. Ansonsten habe ich den ganzen Ort – und die Weite des Ozeans – für mich.

Mein Beruf? Spannende Frage. Ich bin Abenteurerin…

Klingt so, als würden Sie nicht sehr lange schlafen.

Ich finde schlafen doof. Ich gehe gegen halb zwei nachts ins Bett und wache dann gegen 4 Uhr morgens auf.

Wenn man Sie nach Ihrem Beruf fragen würde, was wäre Ihre Antwort?

Mein Beruf? Ich bin – das ist ja eine spannende Frage –, ich denke, ich bin eine Abenteurerin. Ich habe ein paar Bücher geschrieben, bin also auch Autorin. Selbstverständlich bin ich Musher, also Hundeschlittenführerin. Ich bin auch Motivatorin, Vortrags-Rednerin, Ehefrau, Mutter… Ich bin vieles.

Wie sieht der Alltag einer Abenteurerin aus?

Früh aufstehen, das Wetter prüfen, E-Mails checken, an Vorträgen arbeiten, Reisen vorbereiten. Frühstück machen, Training. Auch als Abenteuerin muss man eine Einkommensteuererklärung abgeben. Wenn ich nicht auf dem Schlitten bin, ist mein Tag nicht viel anders als der anderer Menschen. Meine 30 Huskies spielen allerdings eine wichtige Rolle. Ich kümmere mich viel um sie.

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Wie wurden Sie zur Hundeschlittenführerin?

Wie bei einem Puzzle ist da eins zum anderen zusammen gekommen: Ich war als Kind schon abenteuerlustig und ein Hundenarr. Im Alter von 15 Jahren habe ich zum ersten Mal einen Husky gesehen und wusste sofort, das ist mein Tier. Dennoch habe ich einen ganz normalen Beruf ergriffen, bei einer Airline gearbeitet, in einem Reisebüro – es war sogar ein Hapag-Lloyd Reisebüro – und der Hundeschlitten war eher ein Hobby. Aber es lief gut. Ich war erfolgreich, nahm zum ersten Mal am Yukon Quest teil. Und als ich über die Ziellinie fuhr, da wusste ich: Das ist dein wahrer Beruf.

Selbst heute gibt es nur wenige Frauen in der Outdoor-Branche. Wie hat man vor rund 15 Jahren reagiert?

AbenteuerINNEN gab es damals nicht. In vielerlei Hinsicht nicht: In den Medien kam ich nicht vor. Auch Frauenzeitschriften berichteten nicht über mich, denen kam ich vielleicht zu stark rüber. Und ich höre heute noch die Frage, die man mir früher sehr sehr oft gestellt hat: „Was sagt denn Ihr Mann dazu?“

Luxus? Ganz einfach: Luxus ist für mich Freiheit.

Abenteuer sind kein 9-to-5-Job, oft passiert Unvorhergesehenes. Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

Als ich bei einer Teilnahme am Yukon Quest aufgeben musste, war das schon eine harte Erfahrung für mich. Doch Niederlagen sind Erfolge, man kann sich weiter bilden, sie machen einen stärker. Nur weil ich diese Erfahrungen machen durfte, konnte ich 2003 finishen. Außer der Geburt meiner drei Kinder habe ich keinen größeren Glücksmoment erlebt als diesen.

Den meisten Menschen dürfte es wie eine Schinderei vorkommen?

1.600 Kilometer. Je nach Wetterbedingungen ist man 10 bis 13 Tage unterwegs. Bei Temperaturen bis minus 50 Grad. Aber die Kälte macht mir nichts aus. Ich liebe die Kälte. Dennoch muss man kämpfen, sich selbst überwinden, um unter solchen Bedingungen das Ziel zu erreichen. Da dann zu stehen, das macht alle Anstrengungen wett.

Sind Sie nicht ein sehr einsamer Mensch – auf einem Hundeschlitten mitten im Nirgendwo?

Das Gegenteil ist der Fall. Meine Hunde und ich sind ein Team. Meine Hunde merken, ob ich präsent bin – und sie fordern das auch ein. Denn nur wenn wir alle ganz fokussiert sind, wenn wir alle mit anpacken, und jeder um die Schwächen und Stärken des anderen weiß, dann können wir erfolgreich sein.

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Eine Abenteurerin auf Luxuskreuzfahrt. Wie fühlen Sie sich an Bord?

Das ist für mich tatsächlich nicht einfach. Ich lebe in ziemlicher Abgeschiedenheit, mein nächster Nachbar ist nur ein fernes Licht am anderen Seeufer. An Bord der EUROPA 2 wohne ich drei Wochen lang mit 500 Menschen auf engstem Raum…

…nun, ja…

Nein, bitte nicht falsch verstehen. Das Schiff ist großartig! Ich weiß, dass keines mehr Platz pro Passagier bietet. Aber ich bin eine Frau, die total abgeschieden wohnt, und die an schwierigen Tagen in der Einsamkeit vor allem mit ihren Hunden spricht…

Was ist für Sie Luxus?

Das ist ganz einfach: Luxus ist Freiheit.

Dies ist Ihre erste Kreuzfahrt. Werden wir Sie noch einmal an Bord sehen?

Oh, ich komme gern wieder. Ich habe hier viele wahnsinnig nette Menschen kennen gelernt – sie sind interessiert, neugierig, klug. Und voller Sympathie für so eine Verrückte wie mich.

von Silvia Furtwängler, Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Interview)


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